Modelle, Förderungen, NoVa-Effekt

Was muss für einen Wechsel vom Verbrennungs- zum Elektroantrieb zuerst da sein, die Nachfrage der Käufer oder das Angebot der Autohersteller? Die Antwort ist einfach: beides. Die Auswahl wächst zurzeit rasant: In allen Transporter-Kategorien vom Lieferwagen bis zum 3,5-Tonner rollen neue Modelle und endlich auch viele praxisgerechte Varianten an. Die Nachfrage stimuliert der Gesetzgeber: Kräftige Förderungen senken die häufig sehr hohen Listenpreise der E-Fahrzeuge. Nächster Eingriff ist die Einführung der Normverbrauchsabgabe NoVA für Transporter – sie wird ab Juli kompakte Transporter mit Verbrennungsmotor deutlich und 3,5-Tonner drastisch verteuern.
Die Lieferwagen
Bei den Kleinen tummeln sich mehrere E-Vorreiter, Paradebeispiel ist der Renault Kangoo ZE. Bei seiner Premiere im Jahr 2010 vorwitzig, zeigt der Franzose seitdem Durchhaltevermögen. Es gibt zwei Längen, Kastenwagen und Fünfsitzer. Die Batterie mit 33 kWh Nennkapazität reicht für viele Alltagseinsätze im lokalen und regionalen Bereich. Indes ist die Ladeleistung mit 3,7 kW eher matt, Strom tanken klappt nur über Nacht. Der E-Motor leistet spärliche 44 kW, kommt aber auf 225 Nm Drehmoment. Der ZE schleppt rund 600 kg, die Zweisitzer dürfen gut 300 kg Anhängelast ziehen. Bei netto 28.233 Euro (alle Preise ohne Förderung) geht es los. Wer der Sache nicht traut, mietet die Batterie und drückt damit den Einstandspreis um mehr als 6.000 Euro.
Der Kangoo steht vor seiner Ablösung, gemeinsam mit seinen Ablegern Mercedes Citan und Nissan NV250. Für den Schluss hat sich Renault in Deutschland eine Überraschung aufgehoben: Dort steht bereits der Kangoo Maxi Fuel Cell mit Brennstoffzelle in der Preisliste. Der saftige Listenpreis von netto 82.900 Euro ist jedoch selbst fürs Marketingbudget herausfordernd. Zusammen mit den neuen Modellen wird das Trio aus Renault, Mercedes und Nissan auch neue Stromer von der Leine lassen, bisher gab’s nur den Kangoo mit E-Antrieb.
Im Nachbarland gibt – oder besser gab – es bei ausgesuchten VW-Händlern den Abt E-Caddy, von Veredler Abt nur einen Steinwurf hinter der Grenze in Kempten im Allgäu in Zusammenarbeit mit VW entwickelt. Jedoch scheuen Importeure das damit verbundene Zwei-Rechnungs-Modell, daher hat es der E-Caddy hier nicht in die Preisliste geschafft. Auch ist seine kurze Karriere bereits beendet, denn eine Elektrifizierung des neuen Caddy ist nicht vorgesehen – abgesehen von einem späteren Plug-in-Hybrid. Die E-Rolle soll der künftige Transporter ID Buzz Cargo übernehmen. Mit dem Ford Transit Connect fehlt ein weiterer Großer im Segment. Das wird wohl so bleiben, der nächste Connect basiert auf dem neuen VW Caddy.
Der Wettbewerb geht anders zur Sache: Im Laufe dieses Jahres legt das Trio Citroën Berlingo, Opel Combo und Peugeot Partner/Rifter voll elektrifiziert los. Citroën hat schon erste Daten genannt, sie entsprechen den größeren Transporter-Geschwistern: Batterie 50 kWh, Leistung 100 kW, Drehmoment 260 Nm, bis zu 130 Sachen schnell. Geladen wird mit bis zu 11 kW. Stichwort Ladung: Es gibt zwei Längen und bis zu 800 kg Nutzlast – respektabel. Alles verteilt auf drei Marken, klingt vielversprechend.
Das wird auch der Nissan e-NV200 spüren, ebenfalls ein E-Klassiker. Mit seiner Statur bewegt er sich zwischen Lieferwagen und Transporter. 600 kg Nutzlast sind nicht üppig, ein Anhänger ist nur innerhalb der zulässigen Gesamtmasse möglich. Aber enorm flink ist er, 80 kW Leistung und 254 Nm Drehmoment peitschen ihn vorwärts. Gut also, dass die Batterie mit 40 kWh ansehnlich ist. An der Wallbox lädt der Nissan bis 7,4 kW in der Stunde, Schnellladen ist in teureren Ausstattungsvarianten mit 50 kW möglich. Der Einstandspreis beläuft sich auf 31.000 Euro.
Die Kompakt-Transporter
Auch in der Bulli-Klasse greift VW auf Autoveredler Abt zurück. Das bremst den Abt E-Transporter T6.1 bei uns prompt aus. Die Technik stammt vom E-Caddy: langer Radstand, Leistung 83 kW, 200 Nm, DSG-Getriebe mit drei (Caddy vier) genutzten Gängen. Die Reichweite ist angesichts der Batterie von 37,3 kWh in dieser Liga begrenzt. Also warten auf 2022 und den ID Buzz Cargo?
Oder anderswo umschauen: Mercedes etwa hat den Vito längst unter Strom gesetzt. Der eVito steht in zwei Längen zur Verfügung und zieht kräftig mit 85 kW Leistung und 295 Nm Drehmoment. Als 3,2-Tonner trägt er rund 1 t Nutzlast, Anhängelast gibt es nicht. 41 kWh Batteriekapazität sind installiert und werden mit bis zu 7,4 kW an der Wallbox geladen – Schnellladen geht nicht. Die Preisliste beginnt bei 43.170 Euro. Mit drei Fahrprogrammen und vier Rekuperationsstufen will es der Mercedes seinen Fahrern recht machen. Serienmäßig ist der eVito auf 80 km/h beschränkt, auf Wunsch geht es schneller voran. Wenn’s etwas mehr sein darf: Mit dem eVito Tourer Longrange liefert Mercedes eine Performance-Ausführung, d. h. 150 kW und 362 Nm, eine Batterie mit 100 kWh. Macht an der Mercedes-Kasse 59.650 Euro. Dieser Elektriker rennt bis zu 140 Sachen. Er wird mit bis zu 11 kW an der Wallbox und 110 kW an der Schnellladesäule gefüttert.
Seit Herbst wirbelt ein Trio das Preisgefüge durcheinander: Opel Vivaro-E, Citroën e-Jumpy – offiziell neckisch ë-Jumpy geschrieben – und Peugeot e-Expert, in Österreich nur als feiner e-Traveller. Die drei von der E-Tankstelle haben sich viel vorgenommen, mit aggressiven Netto-Listenpreisen, Opel startet zB ab 32.000 Euro. Wer dann die Förderung abzieht, landet etwa beim Dieseltarif. Das Trio macht neugierig: Batterie brutto 50 kWh, 100 kW Motorleistung, 260 Nm Drehmoment, drei Fahrprogramme. Und bis zu 130 Sachen sind drin. Es gibt drei Radstände, Gewichtsklassen mit 2,9 und 3,1 t, bis 1.200 kg Nutzlast, 1 t Anhängelast, Kastenwagen, Kombi und ein Fahrgestell. Wer nicht gerade die Kurzausgabe wählt und weitere 5.000 Euro investiert, kann zur großen Batterie mit 75 kWh Kapazität greifen. Das sollte für rund 300 km Reichweite langen. Geladen wird mit 11 kW, optional 22 kW. Gleichstrom verträgt das Trio bis 100 kW.

Ford fällt aus dem Rahmen, setzt beim Transit Custom Hybrid PHEV auf die Kombination eines Plug-in-Hybrid mit Benziner. Der kleine Dreizylinder dient als Generator, der Antrieb erfolgt stets elektrisch. Der E-Motor ist mit 93 kW und 355 Nm gut bei Kräften, hat mit dem 3,4-Tonner kein Problem. Zumindest, solange der Ford mit Strom aus dem Akku (13,6 kWh) fährt. Das schafft er rund 50 km am Stück, danach heißt es an die Steckdose oder teure Fahrt mit Benziner als Stromerzeuger. Aufmerksame Fahrer optimieren den Einsatz von E-Motor und Verbrenner mit verschiedenen Fahrmodi. Auch sind per Geofencing Voreinstellungen für reine Stromfahrten möglich. Der Kastenwagen kostet netto 40.940 Euro – für jene, die ab und zu Reichweite benötigen und Benziner nicht scheuen.
Die Groß-Transporter
Hier geht’s jetzt ebenfalls rund. Zunächst hatten die Hersteller mit 3,5-Tonnern die KEP-Branche mit ihren definierten Strecken im Blick. Ergebnis waren standardisierte Kastenwagen mit Frontantrieb und dem höheren Ladeboden der Hecktriebler, somit passen die Batteriepakete ins Kellergeschoss. Ebenso typisch: Entfall der Anhängelast.
Siehe Mercedes eSprinter, ein Einheits-Kastenwagen, mittellang und mittelhoch. Die Antriebseinheit mit 85 kW entspricht dem eVito. Wenigfahrer greifen zur Ausführung mit recht knapper 35 kWh Batteriekapazität und gut 1 t Nutzlast für 54.560 Euro. Die Alternative heißt 47 kWh, 0,9 t Nutzlast, gut 7.500 Euro Aufpreis. Zur Serienausstattung gehört u. a. eine stromsparende Heizung mit Wärmepumpe. Im Unterschied zum eVito lädt der eSprinter fix: an Gleichstrom serienmäßig mit 20 kW, optional 80 kW. Auch hier gibt es drei Fahrprogramme und vier Rekuperationsstufen. Das schmale Angebot genügt auf Dauer nicht, daher kündigt Mercedes bereits jetzt einen eSprinter 2.0 an. Unter der Hülle sitzt eine neue E-Plattform mit drei Batteriegrößen. Mercedes nennt keine Zahlen, aber das Top-Paket dürfte reichlich Strom bieten. Hinzu kommen ein weiterer Radstand und ein Fahrgestell. Clou ist eine angetriebene Hinterachse. Naheliegend ist ein Griff ins Regal der Pkw-Stromer, dort lagern passende Aggregate.

Da muss sich der eCrafter sputen. Als einziger E-VW des Transporter-Trios kommt er aus eigener Zucht und ist damit auch ein Fall für Österreich. Preislich liegt er mit netto 54.526 Euro auf Mercedes-Niveau. Aber er bringt mit LED-Scheinwerfern, beheizbarer Windschutzscheibe, Navigation, vollautomatischer Klimaanlage, Sitzheizung, sparsamer Wärmepumpe, Rückfahrkamera, zahlreichen Assistenzsystemen und mehr eine Top-Ausstattung mit. Der Motor leistet 100 kW, das Drehmoment erreicht 290 Nm. Die Nennkapazität der Batterie von 35,8 kWh ist bescheiden. Die Nutzlast beläuft sich auf eine knappe Tonne für den Standard-Kastenwagen mit knapp 6 m Länge. Das alles gibt es identisch auch im Zeichen des Löwen als MAN eTGE.

Im Unterschied zum Renault Kangoo ZE hat sein großer Bruder Master ZE noch nicht recht Fuß gefasst. Sein Einstandspreis von 53.300 Euro liegt ebenfalls hoch, die Leistung des E-Motors mit 57 kW und 225 Nm und die karge Ausstattung eher niedrig. Anders die Auswahl: Inzwischen gibt es 3,1 und 3,5 t Gesamtgewicht, drei Radstände und zwei Höhen als Kastenwagen, dazu Fahrgestell mit Fahrerhaus und Plattform-Fahrgestell. Sehr knapp ist die Nennkapazität der Batterie von 33 kWh, groß die Nutzlast bis 1,5 t des Kastenwagens.
Der neue Fiat E-Ducato siedelt auf ähnlichem Niveau. Allerdings bringt er eine potente Batterie von 47 kWh mit. Wer spendabel ist, fährt sogar mit 79 kWh. Mit je drei Längen und Höhen, mit 3,5 und 4,25 t Gesamtgewicht, Kastenwagen, Kombi und Fahrgestell ist der E-Ducato höchst flexibel. Abhängig von der Batteriegröße wird mit 6,6 oder 11 kW geladen. 22 kW oder Gleichstrom mit 50 kW kostet Aufpreis. Der E-Motor kommt auf 90 kW und 280 Nm; es gibt drei Fahr- und zwei Rekuperationsmodi. Ein Zusatzmonitor an der A-Säule nennt wesentliche Fahrdaten.
Der Kollege Citroën Jumper fährt als neues E-Modell auf eigener Spur. Das bedeutet Batteriepakete mit 37 kWh und 70 kWh, als Kastenwagen vier Längen und drei Höhen. Beim 3,5-Tonner mit kleiner Batterie beläuft sich die Nutzlast auf 1.150 bis 1.215 kg. Wer mehr benötigt, greift zum Viertonner. Kastenwagen, Fahrgestell, Doka und Plattformfahrgestell stehen zur Wahl. E-Werte werden hier im Innenspiegel eingeblendet. Der Motor leistet 90 kW, das maximale Drehmoment erreicht 260 Nm, die Fahrtrichtung wird mit Tipptasten gewählt. Das bordeigene Ladegerät leistet kräftige 22 kW. Mit Gleichstrom sind bis zu 50 kW Ladeleistung drin. Wenn Opel seinen Movano im Laufe des Jahres auf PSA-Technik umstellt, hängt sich der nächste E-Transporter mit Blitz hier an.
Ganz individuell ist Ford unterwegs. Der künftige E-Transit setzt auf die Technik des Mustang Mach-E. Das bedeutet E-Motor an der Hinterachse mit Hinterradantrieb, eine üppige Leistung von 198 kW und 430 Nm Drehmoment. Mit 67 kWh nutzbarer Kapazität steht die Batterie gut im Futter. Sie wird mit 11 kW geladen, per Gleichstrom sogar bis 115 kW. Das Kraftpaket rollt mit 3,5 bis 4,25 t vor. Und nimmt einen langen Anlauf – erst im Frühjahr 2022 soll’s losgehen.
E-Mobilität bedeutet neue Chancen für neue Anbieter. Das Stichwort lautet u. a. Maxus EV80. Der chinesische Transporter blickt auf eine lange und wechselhafte Geschichte zurück. Inzwischen stammt er vom chinesischen Autoriesen SAIC, wird von AHVG in Wien nach Österreich importiert und von Frey e-Motion verkauft. Mit einem Nettopreis von 57.000 Euro für den Kastenwagen – ein Fahrgestell gibt es ebenfalls – ist er hoch angesiedelt. Die wesentlichen Daten des Kastens: Länge 5,7 m, Nutzlast 910 kg, Ladevolumen rund 11 m³, Batterie 56 kWh, E-Motor 92 kW/320 Nm, bis 1.200 kg Anhängelast. Geladen wird mit 6,6 kW Wechselstrom oder 28 kW Gleichstrom.
Die zahlreichen Neuzugänge unterstreichen es: E-Mobilität ist für Transporter so attraktiv wie nie zuvor.
E-Mobilität mit Transportern: Auf diese Punkte müssen Sie achten
Kosten: meist teure Anschaffung, aber Förderungen. Günstigerer Unterhalt (Strom statt Sprit, kein Ölwechsel). Bisher unsicherer Gebrauchtwert.
Fahrzeug: Passen Radstand, Aufbau, Nutzlast? Wird Anhängelast benötigt? Schränken Batterien Bodenfreiheit und Rampenwinkel ein?
Reichweite: Genug Reserven für schwere Bedingungen wie Heizbetrieb im Winter? Genug Langzeitreserven (Garantie genau beachten)? Dank niedriger Geschwindigkeiten und Rekuperation kommt ein E-Transporter im Stadtverkehr weiter als nach Norm, denn sie enthält teure Autobahn- und Überlandstrecken.
Fahrleistungen: Ein toller Antritt kann blenden: Bei meist fester Übersetzung sind Steigfähigkeit und Leistung am Berg begrenzt. Passt die stromsparend eingeschränkte Höchstgeschwindigkeit?
Batterie: Vorsicht bei Angaben zur Kapazität. Akkus werden nicht bis null heruntergefahren – wird der nominelle Inhalt (brutto) genannt oder der real nutzbare Nettowert?
Ausstattung: Sind stromsparende LED-Scheinwerfer und eine Wärmepumpe für Heizung/Klima möglich? Die Scheibenheizung ist sparsamer als ein Dauergebläse, die Sitzheizung trägt einen Teil der Cockpitheizung. Sparschaltung für Antrieb und Klimaanlage?
Technik: Wo ist die Bordsteckdose angebracht, was leistet das bordeigene Ladegerät? Gibt es Fahrprogramme, wie wird rekuperiert – segeln, sanft verzögern, kräftig bremsen oder gar variabel?
Aufladung: Die Wechselstrom-Außensteckdose mit 2,3 kW und ihre Leitung sind überfordert. Für einzelne Fahrzeuge kann die Industriesteckdose des Betriebs plus mobiler Ladebox genügen. Professionell ist die Wallbox mit 11 oder 22 kW. Bei mehreren Fahrzeugen gerät die Stromversorgung des Betriebs an Grenzen, Versorger fragen! Schnellladungen unterwegs kosten Zeit und Geld, nach Möglichkeit im Betrieb laden.
Flotten: Intelligente Lademanagementsysteme verhindern teure Lastspitzen und übergroße Stromanschlüsse. Es gibt Varianten von der gleichmäßigen Verteilung des Stroms bis zum zeitbasierten Lastmanagement, damit geht jedes Fahrzeug zum geplanten Termin geladen auf Tour. Flottenmanagementsysteme überwachen den Ladezustand der Fahrzeuge – kann kurzfristig ein Zusatzkunde angefahren werden?
Praxis: Wo lädt der Monteur, der seinen Transporter abends mit nach Hause nimmt? Wie werden seine Stromkosten verrechnet?
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