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Pur statt Verschnitt

Kompakt, praktisch, günstig. Bühne frei für den kleinsten Transit.


Grauer Ford Transit Transporter vor rotem Gebäude. Sonniger Tag, gefliester Boden, Metallzaun im Hintergrund.

Das ist ein Ding: Da steht beim Ford-Händler der noch frische Transit Connect, eine Ableitung des VW Caddy. Gleich daneben parkt jetzt der Transit Courier, eine komplette Ford-Eigenentwicklung. Mal kein Verschnitt, oder vornehmer formuliert Cuvée. Eine halbe Nummer kleiner und weniger feiner als sein Bruder. Mit nahezu identischem Laderaum, laut Liste rund ein Drittel günstiger. Bei knapp 17 000 Euro netto (plus NoVA, Malus) geht’s los. Eine treffliche Gelegenheit für die Kostenoptimierer im Betrieb?


Der knuffige Kleine trägt die Nase hoch, und dies ganz wörtlich. Das Erscheinungsbild ist kraftvoll, von drinnen blickt der Fahrer auf eine richtige Motorhaube. Weiter hinten ist die Führung der Schiebetür elegant verdeckt. Und der Heckabschluss zeigt eine Abrisskante, neben weiteren Details das Zeichen einer durchdachten Aerodynamik. Ansonsten steht der Ford stämmig auf seinen Rädern, fährt mit durchgedrücktem Rücken beladefreundlich vor.


Innenraum eines Autos mit grauem Armaturenbrett, Lenkrad und zwei Sitzen. Schalthebel sichtbar, Außenseite Herbstlaub.
Einfach und praktisch: Interieur mit ordentlichen Sitzen und vielen Ablagen.

Dazu gehören handfeste Türgriffe für mächtige Pranken. Den Ladeboden bedeckt eine rutschfeste Matte, eine echte Wohltat im Vergleich zu den gewohnten rutschig-harten Ford-Auskleidungen. Für Langgut bietet Ford eine Katzenklappe in der Trennwand unter dem Beifahrersitz an. Ambitionierte Staplerfahrer zirkeln durchs Heckportal und zwischen den Radkästen hindurch eine Europalette quer. Theoretisch sogar zwei hintereinander. Aber hoch beladen dürfen die Ladungsträger dann wegen der ausgebuchteten Trennwand nicht sein. Dazu wird es bei 600 Kilo Nutzlast für Fahrer und Fracht ohnehin kaum kommen. Dieses Gewicht zwingt den Transit Courier mit seiner schraubengefederten Verbundlenker-Hinterachse tief in die Knie. Also Obacht bei Ausstattung mit Regalen und schwerem Werkzeug. Ladung per Anhänger ist auf eine Tonne begrenzt. Merke: Der Transit Courier fußt auf der Plattform des Kompakt-SUV Ford Puma. Und der gilt schon in der Natur als Kleinkatze unter den großen Raubtieren.


Innenansicht eines leeren grauen Transporters. Tür offen, keine Personen. Graue Metallwände mit einem blauen Schild. Minimalistische, neutrale Atmosphäre.
Praktischer rutschfester Boden im Laderaum, sechs Zurrösen.
Geöffneter grauer Laderaum mit gelben Säcken, durch orange Gurte gesichert. Hintergrund mit Bäumen und Fels. Stimmung neutral.
Tiefstapler: Die Pkw-Hinterachse geht angesichts einer halben Tonne Ballast tief in die Knie.

Passend zur Abstammung ist der Transit Courier recht geschmeidig unterwegs, egal ob leer oder beladen. Rumpelt ein wenig über kariöse Straßen. Die Vorderachse tanzt mitunter beim Beschleunigen auf einseitig übler Fahrbahn. Generell aber benimmt sich der Courier recht gesittet, sicher und komfortabel. Das gilt ebenso für die Bremse – nur leer ein wenig schwer dosierbar – und die gut abgestimmte, nicht zu leichtgängige Lenkung. Sie verhält sich nur bei schneller Fahrt etwas zickig, dann verlangt die Puma-Technik nach einem feinfühligen Dompteur.


Der nimmt im einem schlichten, aber nicht ärmlichen Cockpit Platz. Lange Fahrer wünschen sich eine Raste mehr Verstellweite des recht komfortablen Sitzes. Das Raumgefühl ist verblüffend angenehm, es hängt mit der großen, weit nach vorn gezogenen Windschutzscheibe zusammen. Auch die Sicht nach hinten lässt dank großer Außenspiegel – rechts mit zusätzlichem Weitwinkelglas – kaum zu wünschen übrige. Ablagen gibt es zuhauf, von großen Türfächern über die Mittelkonsole mit Seitenfach bis zum Armaturenbrett. In unmittelbarer Nähe des Fachs für das Smartphone warten Steckdosen. Die Materialqualität bis hin zur schlichten stählernen Trennwand ist dem Einsatz und auch dem Preis angemessen.


Weniger angenehm sind die verspielten Instrumente mit ihren Säulengrafiken. Sie stammen von den größeren Geschwistern und sind unübersichtlich (Tankuhr, Kühlmitteltemperatur) bis untauglich (Drehzahlmesser). Den Vogel schießt die Bedienung der Klimatisierung mit ihrer Menüseite im mittigen Touchscreen ab. Da wird die Temperaturverstellung während der Fahrt zum Glückspiel und es droht Kontrollverlust, sowohl über Temperatur als auch die Fahrspur. Die angenehme Seite sind zahlreiche Feineinstellungen für Assistenten und Nebenfunktionen, da ist der Courier richtig gut. Ansonsten pendelt er zwischen Klassik und Moderne: Start per Tastendruck, aber herkömmliche Handbremse. Und LED-Scheinwerfer statt matter Halogen-Birnen gibt’s nicht mal gegen Aufpreis.


Zu den Überraschungen zählt die eher zart gebaute Maschine unter der weiten Motorhaube. Der bekannte Dreizylinder-Benziner gehört mit gerade mal einem Liter Hubraum nominell zu den Halbstarken. Indes verblüfft er durch Drehvermögen und Temperament. Sofern der Fahrer keine Angst vor hohen Drehzahlen kennt, und fleißiges Schalten – leichtgängig und präzise – nicht scheut. Der Motorsound pendelt dann zwischen Kühlschrank und Düsenjet, ist aber nie nervig laut.


In der Variante mit 92 kW/125 PS zischt der Transit Courier temperamentvoll ab, macht erst bei 175 Sachen Halt. Er erreicht, erprobt auf der Autobahn im Nachbarland, das Tempo im fünften von sechs Gängen, ein Hinweis auf die Pkw-Gene. Im Sechsten ist in der Ebene bei 160 km/h Schluss, das genügt, in Österreich sowieso. Trotz hoher Tourenzahlen schnellt der Spritverbrauch nicht unangemessen in die Höhe. Auf der anspruchsvollen Teststrecke mit Vollgasanteil schluckte der vollgepackte Ford im Schnitt 7,9 Liter/100 km. Die Spanne reichte von 6,4 Litern auf der Kurzstrecke bis zu 12,1 Litern in vollem Galopp im sechsten Gang. Bei wenig Beladung spielt sich alles einen Liter drunter ab. Und wer innerhalb der Grenzen bleibt, senkt den Konsum nochmals.


Zur Ausstattung zählen die inzwischen gewohnten Assistenten. Mit unterschiedlicher Leistungsgüte wie im richtigen Leben. So liest der Verkehrszeichenassistent mitunter heckseitige Aufkleber auswärtiger Lkw ab und fordert dann auf freier Strecke Maximaltempo 90 km/h. Andere Helfer wie Spur- und Abstandswarner verhalten sich so souverän wie gewünscht.


Und welchen Ford nehmen? Der Ford Transit Courier ist ein Fall für Schnäppchenjäger, die auf manche Feinheit verzichten und die maximale Last selten ausnutzen. Insgesamt eher Leichtmatrose als Schwerarbeiter. Passt doch.



Fahrleistungen und Messwerte


Beschleunigung:

0 – 50 km/h 4,4 s

0 – 80 km/h 7,6 s

0 – 100 km/h 11,2 s


Elastizität:

60 – 80 km/h (IV/V) 3,5/4,9 s

60 – 100 km/h (IV/V) 7,8/10,1

80 – 120 km/h (VI) 15,9


Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h


Innengeräusche:

Stand/50/100 km/h 44/60/67 dB(A)

Höchstgeschwindigkeit 71 dB(A)


Kraftstoffverbrauch:

Normverbrauch WLTP kombiniert 6,5-7,4 L/100 km

CO2-Emission kombiniert 148-169 g/km

Teststrecke beladen 7,9 L/100 km

Testverbrauch min./max. 6,4-12,1 L/100 km

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