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Next Level

Neu im MAN TGE: Cockpit, Instrumente und Assistenzsysteme.


MAN TGE

Die B164 von Bischofshofen nach St. Johann trägt die ambitionierte Bezeichnung Hochkönigstraße. Der gleichnamige Berggipfel, knapp 3.000 m hoch, liegt heute verborgen in dicken Wolkenpaketen. Die Etappe von Saalfelden hinauf zum Dientener Sattel schraubt sich die Straße nach einigem Anlauf mit bis zu 15 % Steigung empor. Das ist anspruchsvoll, auch wenn dieser Pass eher ein Pässchen ist, Österreich bietet schließlich ganz andere Kaliber an Bergstrecken. Für den jüngst aufgemöbelten MAN TGE jedenfalls ist der Anstieg kein Hindernis: Die stärkste Ausführung der Variante mit Frontantrieb bringt es auf 130 kW (177 PS), in den vier Zylindern des Verbrenners lodern kräftige Feuer. Das heißt in der Praxis: Den vierten von sechs Gängen möglichst stehenlassen. Die recht kultivierte Zweiliter-Maschine zieht kraftvoll, scheut auch keine niedrigen Drehzahlen.


Ein Schild warnt zwischendrin: gefährliche Strecke. Den TGE irritiert es nicht. Auch nicht den Fahrer: Die elektrische Lenkung arbeitet präzise und mit der richtigen Unterstützung. In den Kurven ist nun doch der Griff zum Schalthebel erforderlich – er hat kurze Wege, beim neuen Transporter mit wenig Kilometern auf der Uhr wirkt die Schaltung noch etwas knochig. Das Fahrwerk arbeitet straff, aber nicht unfreundlich. Dann ist der Scheitelpunkt der Strecke erreicht, Next Level sozusagen, so bezeichnet MAN ebenfalls den Modelljahrgang 2025 seines TGE. Noch ein paar Kilometer weiter die Strecke entlangstromern, dann Kehrtwende. Nun wedelt der MAN die Passstraße wie ein Slalomfahrer wieder hinunter.


An Bord fühlt sich der Fahrer dabei gut aufgehoben. Das neue Multifunktionslenkrad hat griffige Tasten, der Lenkstockhebel links enthält nun auch die Funktion für den Scheibenwischer. Bei einer süddeutschen Marke nannte man dies aufgrund der Komplexität einst Ingenieurshebel. Irgendwo links unten in der Armaturentafel sitzt halb versteckt eine Touchfläche fürs Licht – typisch VW, der MAN TGE ist im Ursprung bekanntlich ein Crafter. Vor allem aber trumpft der TGE mit reichlich Assistenzsystemen auf. MAN zählt rund zwei Dutzend, kein Mangel an Fachkräften also. Wobei nicht alle überall serienmäßig an Bord mitfahren. Unterscheidet MAN doch bei der Ausstattung fein säuberlich zwischen Zulassung des TGE nach N1 (bis 3,5 t, entsprechend Pkw) und N2 über 3,5 t, also next Lkw-Level sozusagen. Basis für die neuen Mitarbeiter und manches andere ist eine neue Elektrik-/Elektronikplattform, übernommen aus VW Passat und Golf.


Die Kamera vorn bestreicht jetzt einen größeren Winkel von 120°, sie kann zB Verkehrsschilder sicherer erkennen. Hinzu kommt das, was die MAN-Leute Nano-Radar nennen: neue Radarsysteme mit verdoppelter Leistungsfähigkeit. Sie verstecken sich vorn, seitlich im Radlauf und hinter der Beplankung der Fahrertür sowie nach der Hinterachse. Leistungsgesteigerte Rechner kalkulieren sogar von wechselnden Geschwindigkeiten von Fußgängern und Radfahrern eine Kollisionsgefahr, zB beim Abbiegen.


Nach hinten reicht der Radarstrahl 90 m und registriert, wer sich da in welchem Tempo nähert. Das bedeutet frühzeitige Erkennung und Warnung vor schnellen Überholern. Die Leistungsfähigkeit deutet indes schon den künftigen Schritt an: selbstständiges Überholen. Weitere Feinheit: Bisher ließ der aktive Spurassistent den Transporter innerhalb seiner Spur pendeln – jetzt fährt er kerzengerade in der Mitte. Teil des komplexen Zusammenwirkens von Fahrzeug und Assistenzsystemen ist auch die Bremse. Ihr Druckaufbau erfolgt nun elektrisch. Das spart Energie und sichert eine Vernetzung mit den Assistenzsystemen. Sollte der Fahrer ausfallen, kann der MAN bei Modellen mit Automatikgetriebe sogar rechts ranfahren und anhalten.


Die elektronischen Helfer an Bord haben heute wenig zu tun. Allenfalls bemängeln sie, wenn sich der MAN TGE den Fahrbahnbegrenzungen nähert, wegen seines Formats auf kurvigen Strecken unvermeidlich. Auf einer sanften Flachetappe bleibt dann Zeit für die Beschäftigung mit den digitalen Instrumenten – teils feurig rot hinterlegt und konfigurierbar. Also her mit der Verbrauchsanzeige, der Öltemperatur, der Navi-Karte, was auch immer wünschenswert erscheint. In der Mitte der überarbeiteten Armaturentafel thront nun ein mächtiger Bildschirm, MAN Media Van getauft. Next Level, aber wie. Serienmäßig schon 10,4" groß, sind es hier sogar 12,9". Und siehe da, es geht doch im VW-Konzern mit seinen zeitweiligen Bedienungsverirrungen: Direktwahltasten für wesentliche Funktionen, über Menüs vertiefter Einstieg in Details wie der Klimatisierung, der Wirtschaftlichkeit oder den Assistenzsystemen.


Wechsel in einen MAN TGE mit Automatikgetriebe. Es stammt nun sowohl für Front- als auch Hinterradantrieb durchweg vom japanischen Anbieter Aisin. Der neue Wählhebel klumpt nicht mehr rechts vom Lenkrad, sondern hat als Lenkstockhebel die Position gewechselt. Das spart Platz und vereinfacht den Durchgang im Fahrerhaus, ebenso wie die elektrische Feststellbremse sämtlicher Modelle. Vom Wechsel zwischen den acht Gängen ist kaum etwas zu bemerken. Das Aggregat schaltet watteweich, verhaspelt sich auch nicht, flutscht kaum spürbar durch die Gänge. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach Transportern mit Automatikgetriebe wächst.


MAN hat im Zuge der Überarbeitung das Programm des TGE neu sortiert und verschlankt. Die Einstiegsmotorisierung mit 75 kW (102 PS) ist entfallen. Ebenso der Hecktriebler mit 103 kW (140 PS). Allradantrieb wird nun grundsätzlich mit Automatikgetriebe gekoppelt. Neu hinzugekommen ist der Hecktriebler mit Einzelbereifung und Automatikgetriebe. Auch werden jetzt mehr Modelle nach Heavy Duty homologiert (Stichwort: Abgasstufe Euro VI statt EU6). Und dann ist da noch die heiße Variante in Zusammenarbeit mit Auto-Veredler Abt und etwa 149 kW (202 PS), eine Variante exklusiv für den MAN TGE: Auch sie ist in Vorbereitung. Für die Blaulicht-Fraktion, für Reisemobile und alle, die es eilig haben, damit der TGE noch souveräner die Berge emporeilen kann. Next Level also, na klar.

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