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Klare Kante

Vorstellung: neuer Mercedes Citan. Bisher war der Renault-Ableger zu wenig Mercedes und daher eine Randerscheinung.


Mercedes-Benz Citan

Das soll sich nun mit einem eigenständigeren Modell ändern. Der Citan ist der letzte neue Transporter mit Stern und Verbrennungsmotor.


Neun Jahre Leiden haben ein Ende: So lange mussten Mercedes-Verkäufer mühsam und etwas verlegen erklären, dass ein Citan etwas anderes sein soll als ein Renault Kangoo. Und nun: Hurra, es ist ein – Mercedes! Väterlicher Stolz wird spürbar, wenn Projektleiter Dirk Hipp den neuen Baby-Benz unter den Transportern mit Stern präsentiert.


Beim neuen Modell waren die Stuttgarter Entwickler von Beginn an dabei. Und tatsächlich, trotz vieler Gleichteile bei Rohbau, Blech und Antrieb: Es ist ein Mercedes. Das beginnt bei der tief angesetzten Schnüffelnase à la A/B-Klasse mit eigenständigem Grill, Stoßfängern mit scharf geschnittenem Spoiler und Scheinwerfern, setzt sich seitlich mit dem markentypischen Knick fort. Hipp: „Da haben wir uns durchgesetzt.“ Die Schiebetürführung ist elegant verdeckt, das Dach aerodynamisch günstig gewölbt mit Abrisskante. Alles mündet in einem Heck mit eigenständigen Rückleuchten, einer feinen zusätzlichen Lichtkante dazwischen und dem eigenen Stoßfänger.


Bitte einsteigen. Die Türen öffnen schlüssellos und verblüffende 90° weit. Die Sitzpolster: Mercedes, sanfte Oberfläche, fester Grund. Das Cockpit ist Mercedes pur, prompt versteigen sich seine Schöpfer zu Formulierungen wie „Sinnlichkeit“, entdecken die Form eines Flügels, gar eine Instrumenteneinheit „wie ein ausgewaschener Kieselstein“. Herrje, das ist keine neue S-Klasse, das ist ein Lieferwagen. Citan statt Titan. Das heißt: Ob Lenkrad inklusive Tastatur, klassische analoge Instrumente, Bedienung, der optionale Monitor, auf Wunsch MBUX, die typischen Luftdüsen – Mercedes-Fahrer fühlen sich auf Anhieb zuhause. Das Material ist von sachlich-angemessener Qualität. Oben im Cockpit nimmt eine schlitzförmige Ablage Papierkram auf, öffnet sich ein Fach mit Steckdose und Kabeldurchführung. Weiter unten gibt es eine kleine Mittelkonsole und große Türfächer sowie eine etwas klobige geschlossene Ablage zwischen den Sitzen wie im Kangoo. Alternativ sogar einen Doppelsitz, Vorteil der platzsparenden elektrischen Parkbremse. Gesamteindruck: ganz klar Mercedes. Dirk Hipp hat auf dem Beifahrersitz Platz genommen. Durch seine Corona-Maske schimmert ein zufriedenes Lächeln.


Ein Zimmer weiter hinten verzichtet Mercedes auf das Sesam-öffne-Dich des Renault mit Kombination aus Beifahrer- und Schiebetür. Doch Vorsicht beim Stopp an der Tankstelle: Nur beim Kombi namens Citan Tourer verhindert eine Sperre eine Kollision bei Öffnen der Schiebetür mit dem aufgeklappten Tankdeckel. Drinnen strahlt von der Decke LED-Licht in den Laderaum. Er streckt sich im 4,5 m langen Citan auf 1,81 m. Auf halber Höhe hinter der Kunststoff-Trennwand sind es nachgemessen exakt 1,6 m, das bedeutet Platz für zwei beladene Paletten quer, Kompliment. Und die lassen sich auch ohne Gefahr von Blechschäden hineinzirkeln, denn sowohl das Heckportal als auch der Abstand zwischen den Radkästen messen fast auf den Millimeter genau 1,25 m, ein prima Wert.


Das Volumen bemisst sich auf 2,9 m³. Wer mehr Platz benötigt, wählt die Ausführung mit Schwenkgitter und Beifahrer-Klappsitz – oder wartet auf die 36 cm größere Langausführung. Immer noch nicht genug? Der Citan darf bis zu 1,5 t ziehen.


Es gibt den Kastenwagen in zwei Gewichtsklassen mit rund 2,0 und 2,2 t zulässiger Gesamtmasse, macht bis zu 780 kg Nutzlast. Angesichts dieser Gewichtsklasse verwundert der Verzicht auf Scheibenbremsen hinten. Mercedes spendiert sie nur dem Citan Tourer.


Das Fahrwerk setzt sich aus McPherson-Federbeinen vorn und einer schraubengefederten Verbundlenkerachse hinten zusammen. Im Unterschied zum individuell abgestimmten Tourer verwendet Mercedes eine identische Feder-/Dämpfer-Abstimmung wie Renault. Tipp: Es gibt auf Wunsch markante Stahlräder mit der Optik eines Aluminiumrads, schön und stabil.


Identisch mit Renault sind auch die Antriebsvarianten, alle französischer Abstammung. Da wäre ein 1,5 l-Diesel in den Leistungsstufen 55 kW (75 PS), 70 kW (95 PS) und 85 kW (116 PS), bei Vollgas mit Overpower sogar 89 kW (131 PS). Macht nach WLTP einen Verbrauch von rund 5,5 l/100 km. Alternativ gibt es einen 1,3 l-Benziner mit 75 kW (102 PS) und 96 kW (131 PS). Er ist nach WLTP mit etwa 7 l/100 km ebenfalls genügsam. Sechsgang-Schaltgetriebe portionieren die Kraft, bei den jeweils stärksten Varianten auf Wunsch ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe.


Im zweiten Halbjahr 2022 folgt der batterieelektrische eCitan an den Start. Seine Batterie speichert nutzbare 44 kWh, nach WLTP-Norm gut für 285 km. Die E-Maschine bringt es auf 75 kW und 245 Nm. Von den Verbrennern bleibt nur noch ein Blinddeckel des früheren Tankeinfüllstutzens.


Ob D-, B- oder E-Antrieb: Ein ganzes Rudel Assistenzsysteme hält die Fuhre im Notfall auf der Straße und soll Unfälle verhindern. Serienmäßig ist neben ESP ein Berganfahr-Assistent, der Seitenwind-Assistent, ein Müdigkeitswarner und ein Notrufsystem. Bei Bedarf sucht und findet der Citan Parklücken, parkt längs und quer ein, warnt vor seitlichen Hindernissen beim Rangieren. Auf Wunsch komplettieren der aktive Brems-Assistent mit Erkennung von Querverkehr und Fußgängern, ein aktiver Spur-Assistent mit Lenkeingriff, ein Totwinkel-Assistent und eine Verkehrsschilderkennung das Arsenal. Den Citan mit Doppelkupplungsgetriebe veredelt Mercedes optional mit einem aktiven Abstands-Assistenten und einem Lenk-Assistenten, der den Lieferwagen in der Spur hält. Und wenn alles nichts mehr hilft, pusten sich gleich sechs Airbags auf.


Stopp: Vor all dem steht die Preisliste, wie viele Sterntaler kostet der Citan? Knapp unter 20.000 EUR netto soll es losgehen. Es ist eben ein Mercedes, klar.





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