Vorstellung: Opel Combo, Citroen Berlingo, Peugeot Partner. Die Lieferwagen-Pioniere Citroen und Peugeot legen die dritte Generation ihrer kompakten Alleskönner auf.
Typische Citroen-Optik: markanter Doppelwinkel, der Berlingo rümpft das Näschen.
Nun sind es sogar Drillinge geworden: Was bei der privaten Familienplanung zu Überraschungen führt, Eltern Schweißtropfen auf die Stirn treibt und Großeltern in Verzückung versetzt, war bei Citroen Berlingo, Peugeot Partner und Opel Combo bereits von langer Hand genetisch angelegt. Schon bevor Opel im vergangenen Jahr von General Motors zur PSA-Gruppe aus Peugeot und Citroen wechselte, hatte sich Opel für die nächste Lieferwagen-Generation mit dem französischen PSA-Konzern auf gemeinsame Sache verabredet. Der Opel Combo steht für die etwas unstete Entwicklung von Opel in den vergangenen Jahren: Einst lange in Eigenregie entwickelt und gefertigt, dann sieben Jahre ein kaum veränderter Ableger des Fiat Doblò Cargo, jetzt bereits in Kooperation mit PSA entstanden, bevor die Franzosen die neuen Herren im Haus wurden.
Diese französische Revolution der Lieferwagenszene hatte bereits vor dem Besitzerwechsel Vorteile, schließlich steckt in der PSA-Gruppe jede Menge Lieferwagen-Know-how. Automobilhistorikern mit Hang für Skurriles fällt dabei die gute alte Kastenente ein. Näher liegt der Blick zurück auf die erste Generation der Zwillinge Citroen Berlingo und Peugeot Partner vor genau 22 Jahren. Sie hatten als Branchen-premier den Dreh raus mit eigenständigen Lieferwagen aus einem Guss und die bis dahin üblichen Rucksack-Kombis aufs Altenteil geschickt.
So gehört es sich für Lieferwagen: bis zu zwei Schiebetüren, Heckflügeltüren oder eine Heckklappe.
Mit der dritten Generation hat sich das PSA-Duo also zum Trio erweitert. Dessen Mitglieder pflegen trotzdem einen eigenständigen Auftritt. Zwar ist die Grundform mit Knubbelnase und weit vorn angeordneter Windschutzscheibe identisch. Jedoch unterscheiden sich Citroen und Peugeot äußerlich durch einen markentypischen Grill sowie die Scheinwerfer, beim Opel kommt ein eigenständiger Stoßfänger hinzu. Ab der A-Säule differenziert sich das Trio nur noch durch seine Markenzeichen: Gemeinsam ha-ben sie die vergleichsweise rundliche Karosserie mit ausgeprägten Radläufen und einer identischen Seitenbeplankung unterhalb der Karosseriesicke. Die Wände der Kastenwagen zeigen Einpressungen für die Fenster, die zum Beispiel die bereits im Frühjahr präsentierten Hochdachkombis als Familienvarianten tragen.
So seriös kann ein Lieferwagen wirken: Peugeot Partner mit dem aktuellen Markengesicht.
Jetzt gibt es für die Drillinge nicht nur zwei Längen, sondern konsequent auch zwei Radstände, Gewichtsverteilung und Fahrverhalten werden es danken.
Unter dem Blech steckt eine teils neue Plattform. Während die vorderen Komponenten von einer aktuellen PSA-Generation stammen, übernimmt das Trio das hintere Segment vom bisherigen Berlingo/Partner. Das bedeutet technisch eine Verbundlenkerachse mit Schraubenfedern, also grundsätzlich eine durchaus komfortorientierte Basis. In branchenüblicher Weise können Käufer nun zwischen zwei maßgeschneiderten Radständen wählen (2785/2975 Millimeter), bisher gab es bei PSA nur einen Radstand mit zwei Überhängen, fahrdynamisch eher zweifelhaft. Die Gesamtlänge der Neuen unter-scheidet sich mit 4,40 und 4,75 Metern kaum von den französischen Vorgängern, mit einsachtzig Höhe sind sie mannshoch gewachsen. Gut zugelegt haben die Lieferwagen in der Breite auf 1,91 Meter plus Spiegel. Das entspricht vollem Transporterformat, entsprechend kann’s in der Altstadt eng werden. Ein oder zwei Schiebetüren sowie Heckflügeltüren – alternativ eine Heckklappe – geben den Weg zum Laderaum frei. Er besticht wie beim Vorgänger durch 1,23 Meter Abstand zwischen den Radkästen, die Europalette passt bei genauem Zielen daher quer hinein. Je nach Format schlucken die Kastenwagen 3,3 oder 3,9 Kubikmeter Fracht. In die Verlängerung geht der Laderaum nach Entfernen eines großen Metalldeckels in der Trennwand auf der Beifahrerseite. Nach Einebnen des Vordersitzes wächst die Ladelänge beim kurzen Kastenwagen mit dieser Durchreiche von 1,80 auf 3,09 Meter, in der langen Ausführung von 2,16 auf stattliche 3,44 Meter. Das nominelle Volumen steigt gleichzeitig um einen halben Kubikmeter. Falls der Beifahrerplatz belegt ist, vergrößert auf Wunsch eine Leiterklappe im Heck die Variabilität.
Hier fährt ein Opel vor: Die PSA-Gruppe gönnt ihm außer dem schmalen Grill sogar einen eigenen Stoßfänger.
Je nach Variante schleppen Berlingo, Combo und Partner zwischen 650 und 1000 Kilogramm Fracht, das ist anständig. Überladung lässt sich vermeiden: Auf Wunsch messen Sensoren im Stand die Achslasten. Ist der Lieferwagen zu 80 Prozent beladen, meldet sich im Cockpit eine weiße LED. Ihre Farbe wechselt in Orange, wenn’s der Lademeister übertreibt – eine bisher einzigartige und vorbildliche Idee.
Überhaupt, der Fahrerplatz: Hier trennen sich die Wege der Drei erneut – Drillinge sind nicht bis in jede Hautfalte identisch, die Insassen können sich zuhause fühlen. Da wäre im Peugeot Partner das markentypisch kleine, tief angeordnete Lenkrad, der Fahrer schaut obendrüber auf die Instrumente. Der Citroen Berlingo trägt eigene Instrumente, das Lenkrad mit üblichem Durchmesser liegt in gewohnter Höhe. Die einstigen Extravaganzen hat die PSA-Gruppe einem Citroen indes schon lange abgewöhnt. Beide Franzosen nutzen landestypisch den Blinkerhebel zur Bedienung des Lichts. Anders der Opel Combo: Drehschalter fürs Licht in einer eigenen Konsole links, eigene übersichtliche Instrumente, zurückhaltende Lenkradtastatur – sachliche Deutsche, emotionale Franzosen, hier schlägt der Charakter durch.
Zwischen den Radkästen Palettenbreite. Mit großer Durchreiche und Beifahrerklappsitz gehen die drei Lieferwagen bei Bedarf in die Verlängerung.
Drumherum nähern sich die Drei wieder an. Zum Beispiel beim berührungsempfindlichen Bildschirm im Format acht Zoll, der wie ein Tablet in der Mittelkonsole steckt. Für die Navigation – auf Wunsch nach Echtzeit-Verkehrsfluss – ist Tomtom zuständig. An den Sonderausstattungen wird moderne Pkw-Verwandtschaft spürbar: elektrische Parkbremse, beheizbares Lenkrad, Zweizonen-Klimaanlage, schlüsselloses Öffnen und Starten, ein Head-up-Display für wesentliche Anzeigen – das ist neu für Lieferwagen. Und mancher Luxus wird bei den gewerblich eingesetzten Autos kaum jemals auftauchen. Gleiches gilt für manche Assistenzsysteme. Da wäre der Frontkollisionswarner mit Fußgängererkennung und Bremsreflex, ein Spurhalte-Assistent mit Lenkeingriff, der adaptive Temporegler, der auf Wunsch die Geschwindigkeitsbegrenzungen der Verkehrsschilderkennung übernimmt. Die Entwickler hatten aber auch typische Lieferwageneinsätze im Auge. Da wäre eine permanente rückwärtige Kamera mit Anzeige auf dem Monitor. Eine zweite Kamera im Beifahrer-Außenspiegel, die nach Setzen des Blinkers die Situation rechts des Autos im Innenspiegel zeigt und damit den toten Winkel beleben soll. Ein sensorbasierter Flankenschutz, ein Rundumblick aus der Vogelperspektive fürs Rangieren. Muss man nicht alles haben, kann aber alles teure und zeitraubende Schäden verhindern.
Wie profan klingen im Vergleich dazu die lange Auflistung der Ablagen mit zusammen mehr als 100 Liter Volumen oder der Hinweis auf den optionalen Beifahrer-Doppelsitz mit Staufach – aber Praktiker mögen diese Themen. Fast am Rande erwähnen die drei Marken den Antrieb, vielleicht weil er ganz konventionell erfolgt. Da wären zunächst zwei Benziner, sie sind im Rahmen von Dieseldiskussionen für Lieferwagen aktueller denn je, vor allem bei geringer Kilometerleistung. Im Angebot ist ein aufgeladener 1,2-Liter mit 81 kW (110 PS) und sogar 96 kW (130 PS). Alternative ist ein Diesel mit 1,5 Liter Hubraum in gleich drei Leistungsstufen von 56 kW (75 PS), 75 kW (102 PS) sowie 96 kW (130 PS). Der aufgeladene Selbstzünder gilt als laufruhig und dank SCR-Technik auch als sauber. Beachtlich: Die stärksten Motoren gibt es alternativ zum Sechsgang-Schaltgetriebe auch mit einer achtstufigen Wandlerautomatik, eine weitere Premiere in dieser Liga. Bei Bedarf profiliert sich das Trio ebenfalls abseits der Straße als Feld-, Wald- und Wiesen-Lieferwagen. Ähnlich wie beim Vorgängermodell gibt es für Handwerker und die Bau- und Forstwirtschaft eine etwas rustikalere Variante mit 30 Millimeter mehr Bodenfreiheit durch eine größere Bereifung, mit Stabis vorne und hinten, einer geänderten Federung sowie einer elektronischen Traktionsregelung. Sollte dies nicht genügen: Der französische Allrad-Spezialist Dangel bereitet zurzeit einen 4x4 mit Differenzialsperre und allerhand Schutzblechen vor. Die Familienplanung der Drillinge geht also noch weiter.