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Intelligenz-Test


Ford Transit Fahrbericht

Power und Intelligenz schreibt Ford auf seiner Internetseite dem aktuellen Transit zu. Die Kombination klingt attraktiv. Wa-gen wir den Intelligenz-Test. Er beginnt hier bereits mit dem Nummernschild. Dessen mittlere Buchstaben stehen we-der für die Initialen der freundlichen Erbtante, noch sind sie der Zulassungsstelle zufällig aus dem Rechner gepurzelt. Die Buchstabenkombination “MH” auf dem Nummernschild des Ford Transit verrät Eingeweihten vielmehr eine Besonderheit: Hier arbeitet ein „Mild Hybrid“. Der Transit und sein kleiner Bruder Transit Custom sind die ersten und bisher einzigen Transporter mit dieser Technik. Es lohnt sich, der Sache auf den Grund zu gehen. Denn hinter dem Nummernschild steckt eine Menge mehr als nüchterne Zahlen für einige Prozent weniger Sprit-verbrauch und einen gewissen Aufpreis.



Das wird schon beim Anlassen deutlich


In Sekundenbruchteilen wirft der riemen-getriebene Starter-Generator ruckartig den Dieselmotor an. Hier orgelt kein An-lasser mühsam und anhaltend. Und ebenso schnell stellt der Ford bei nächster Gelegenheit seine Arbeit schon wie-der ein: Rollt der Transporter auf eine Stoppstelle zu, wird der Motor bereits bei 12 km/h abgestellt. Das wirkt mitunter vorwitzig wenn’s gleich weitergeht, reduziert aber im Stadtverkehr die Arbeitszeit des Diesels spürbar und damit den Sprit-verbrauch. Ähnlich beim erneuten Start an der Ampel: Nicht wie gewohnt beim Tritt auf die Kupplung, sondern erst beim Einlegen des Gangs geht der Diesel wie-der in Habachtstellung. Und wer da meint, er könne die Technik wie eine herkömmliche Start-Stopp-Anlage mit getretener Kupplung und eingelegtem Gang austricksen, sieht sich überrumpelt: Nach wenigen Sekunden wechselt die Maschine trotzdem in den Pausenmodus. Und lässt sich im Unterschied zu anderen auch durch Zupfen am Lenkrad nicht aus der Ruhe bringen. Power und Intelligenz, wie versprochen.


Zusätzlich lädt die Technik im Schubbetrieb und beim Bremsen einen Lithium-Ionen-Akku mit 48 Volt Spannung und 430 Wh oder 9,5 Ah Kapazität. Das reicht nicht, um elektrisch angetrieben auf große Fahrt zu gehen. Also eher wenig Power. Aber viel Intelligenz: Es genügt, um den Motor fix anzuwerfen, um ihn beim Beschleunigen zu unterstützen und um die Bordelektrik zu speisen. Wer sich fragt, wo die Batterie steckt, folgt nach dem Abstellen des Diesels dem Rauschen eines Kühlgebläses im Cockpit und entdeckt den Akku rechts in der Sitztruhe auf der Beifahrerseite.



Das alles funktioniert gut, richtig gut


So gut, dass der ohnehin überdurchschnittlich starke Zweiliter mit 125 kW (170 PS) und kräftigen 390 Nm Drehmoment noch eine ganze Klasse bulliger wirkt. Stimmt, der Ford lässt markentypisch bei niedrigsten Drehzahlen immer noch etwas die Flügel hängen. Aber man gebe ein paar Touren zu, dann zieht er vehement davon. Mit Power eben. Und weil er so powerig arbeitet, muss Ford ihn sogar zähmen: Zur Schonung der Tech-nik ist in der Transit-Variante mit Hinterradantrieb das Drehmoment im sehr kurz übersetzten Anfahrgang und im Rückwärtsgang reduziert. Nicht, dass es vor lauter Power noch einen Knoten in der Gelenkwelle nach hinten zur Achse gibt.


Da im Zweifelsfall jedoch immer noch der Fahrer über den Verbrauch entscheidet, begleitet ihn ein ganzes Rudel Assistenten. Spätestens jetzt kommt also wieder Intelligenz ins Spiel. Im Zusammenklang von Verkehrsschilderkennung und Tempomat bremst der Ford auf Wunsch unterwegs sanft ab und tendiert klar zum Dienst nach Vorschrift. In diesem Fall verändert sich die Kennung des Gaspedals – wer schneller als erlaubt fahren will, muss bewusst kräftig zutreten. Das funktioniert im Großen und Ganzen recht gut, führt aber bisweilen zu Missverständnissen, wenn der Ford auf die ab-weichende Beschilderung einer Parallel-spur hereinfällt.


Und dann wäre da der „Eco Guide“. Er erkennt anhand der Bordnavigation die Kurven voraus, mahnt frühzeitig zum Gaswegnehmen oder Bremsen, empfiehlt den passenden Gang. Das ist kein Ersatz für ein waches Auge des Fahrers. Bedeutet aber für Transporter einen ersten Schritt in Richtung vorausschauender Tempomat, wie ihn die Lkw-Welt kennt. Soll der Eco Guide mehr sein als eine neckische Spielerei, sollten die entsprechenden Anzeigen in den Armaturen aber ruhig etwas größer ausfallen. Auch weitere Assistenten arbeiten engagiert und meist gekonnt mit: Der in seiner Wirkung einstellbare Spurassistent greift nicht zu heftig ins Lenkrad, der Spurwechselassistent warnt frühzeitig vor Verkehr nebenan, der adaptive Tempomat hängt sich an den Vordermann. Der Transit kann auch allein einparken und im Notfall bremsen. Er warnt vor zu geringem Abstand und vor Hindernissen rund-um beim Rangieren. Selbsterklärend ist die Einweisung der vielen Helfer nicht, die Justierung verlangt etwas Geduld und das Studium der Betriebsanleitung, auch wirkt die Verteilung mancher Tasten et-was willkürlich. Auch beim Fahrer klappt’s also nicht ohne eine Portion Intelligenz.


Einfacher ist der Umgang mit dem Mild Hybrid, denn der kann’s ohne geschulte Führungskraft am Steuer. Vollgepackt auf 3,5 Tonnen, überraschte der Ford auf der anspruchsvollen Hausstrecke mit einem musterhaften Verbrauch von nur 8,9 Liter/100 km – neuer Rekord für diese Gewichtsklasse. Auch der zusätzliche Schluck Adblue bringt die Bilanz nicht aus dem Lot.

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