Vorstellung neuer VW Transporter
Grinst er etwa verlegen? Oder gar angriffslustig? Man weiß es nicht so recht, doch für beide Varianten gibt es Anlass genug. Bereits seit Dezember vergangenen Jahres können Interessenten den neuen VW Transporter in Deutschland bestellen. In Österreich war dies bis zum Redaktionsschluss noch nicht möglich. Die Angelegenheit zieht sich, einschließlich Vorstellung bis zu ersten Auslieferungen wie ein Kaugummi. Vom Vorgängermodell gibt es nur noch Restbestände beim VW-Händler, der mangels Lieferfähigkeit sowohl der alten als auch des neuen Modells entschuldigend die Arme ausbreitet. Und man sieht sie förmlich vor sich, die potenziellen Erwerber des neuen VW, wie sie neugierig zum Ford-Händler pilgern. Denn dort steht der Zwillingsbruder Transit Custom längst im Schaufenster.
Es ist kein Geheimnis, dass der neue VW Transporter in Zusammenarbeit mit Ford entstanden ist. Ford war bei der Entwicklung federführend, Ford fertigt den Transporter zusammen mit seinem Transporter in der Türkei. Und doch unterscheidet sich der neue VW Transporter in Erscheinungsbild und Bedienung von seinem Kollegen. Liegt’s an der anderen Abstammung? VW verzichtet auf die Fortsetzung der bisherigen Namensgebung: Der Neue ist kein T7. Er heißt wie das, was er ist. Einfach Transporter, wie beim Start seines Urahnen 1950.
Eigenständig ist das lächelnde Gesicht mit Smiley-Kühlergrill, schmalen LED-Scheinwerfern und markanten Nüstern im Stoßfänger. Identisch ist neben dem Rohbau unter dem Blech die Karosserie einschließlich dem Oberteil, Fachleute sprechen von „Greenhouse“. Auch der Rücken unterscheidet sich nicht grundlegend, jedoch klammern eigene LED-Rückleuchten als Erkennungsmerkmal das Heck ein. Eine scharfe, aerodynamisch günstige Abrisskante à la Multivan oder ID. Buzz gibt es nicht. Deren Heck besteht aus formbarem GfK, der stählerne Transporter lässt sich nicht so extrem biegen. VW legt Wert auf robuste Alltagsdetails: Bei typischer weißer Lackierung sind Elemente in der Frontpartie durchgefärbt, ebenso die Ecksäulen links und rechts hinten. Das verhindert hässliche Schrammen, sollte der Transporter im harten Alltag anecken.
Der neue VW Transporter streckt sich auf 5,05 m (plus 14,6 cm), der Radstand um 9,7 cm auf 3,1 m. Mit langem Radstand (plus abermals 40 cm) dehnt er sich auf 5,45 m Länge. Mit 2,03 m geht die Karosserie deutlich in die Breite. Die Höhe bleibt haarscharf unter 2 m. Je nach Ausführung fasst der Laderaum zwischen 5,8 m³ (Variante kurz flach) und 9,0 m³ (lang hoch) Fracht. Praktisch zur Beladung: Der Freiraum zwischen den Radkästen wächst deutlich auf 1,39 m. Die Nutzlast beziffert VW auf maximal 1,33 t, die Anhängelast auf bis zu 2,8 t. Wer’s modellspezifisch ganz genau wissen will, der spickelt bis zur Publikumspremiere auf der IAA Transportation in den Unterlagen des Transit Custom.
Der neue VW Transporter tritt wie gewohnt mit zahlreichen Varianten an. Da wäre der Kastenwagen, auch mit Hochdach, und ein Kombi mit maximal neun Sitzen. Zwischen beiden sind der Kastenwagen plus als Kasten mit zweiter Sitzreihe und eine Multicab angesiedelt, ein Kastenwagen mit – von oben gesehen – L-förmiger Trennwand. Das bedeutet: in der zweiten Reihe rechts zwei Sitze, links Laderaum bis hinter den Fahrerplatz. Dann wäre da der Bus Caravelle als Shuttle oder Großraumtaxi, auch als feinerer „Life“ und in einer schicken „Style“-Ausführung. Für rustikale Einsätze kommt erneut ein „Panamericana“ in Offroad-Optik mit Verkleidungen von Seitenschwellern und Radläufen, lackiertem Kühlerschutzgitter und individueller Ausstattung daher. Exklusiv für VW gibt es eine Doppelkabine für Handwerk, Bau und Kommunen auf Basis des langen Radstands.
Weiter vorn stammt die Grundstruktur der neuen Armaturentafel mit 12"-Instrumenten- und 13"-Infotainmentdisplay vom Kollegen. Fahrer des neuen VW greifen jedoch an ein markeneigenes Multifunktionslenkrad und blicken – zum Glück angesichts der schwer genießbaren Ford-Instrumente – auf eigene Armaturen. Sie sind durchweg digital und konfigurierbar. Die elektronische Feststellbremse spart Platz im Cockpit, ebenso der Wählhebel des optionalen Automatikgetriebes an der Lenksäule. Individuell sind die Ablagen im Obergeschoss der Armaturentafel sowie unten die breite Konsole für den Schalthebel inklusive Ablage. Rechter Hand profitiert der neue VW Transporter mit einem tiefen geschlossenen Fach von der Idee, den Beifahrer-Frontairbag in die Dachverkleidung zu verlegen.
Die Zweiliter-Dieselmotoren des neuen VW Transporter heißen wie gewohnt TDI. Indes stammen sie von Ford, wie sämtliche Antriebsaggregate. Nutzer und Werkstätten werden sich also umgewöhnen müssen. Das Leistungsspektrum reicht von 81 kW (110 PS) über 110 kW (150 PS) bis 125 kW (170 PS).
Groß wird das Angebot – endlich – der E-Antriebe. Hier stehen, ebenfalls mit Ford-Technik, drei vollelektrische Varianten zur Wahl: Ihre Leistung beträgt 100 kW, 160 kW und mit einer bärenstarken Maschine sogar 210 kW. Die Brutto-Batteriekapazität beläuft sich jeweils auf 83 kWh, netto sind dies lediglich 64 kWh – ein überraschend großer Unterschied wie beim Kollegen. Im Zulauf ist noch eine Ausführung mit reduzierter Leistung und kleinerer Batterie. Die Rede ist von 54 kWh. Hinzu kommt ein Plug-in-Hybridantrieb (eHybrid) auf Benziner-Basis mit einer Systemleistung von 171 kW (232 PS), ebenso ein 4x4er auf Grundlage der E-Variante.
Während TDI und Plug-in-Hybrid die Vorderräder antreiben, verfügen die vollelektrischen Transporter über einen vollwertigen Heckantrieb mit E-Motor im Bereich der Hinterachse. Die beiden unteren TDI-Leistungsstufen sind mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe gekoppelt, die stärkste Ausführung mit einem Achtgang-Automatikgetriebe. Dieses ist auch für den mittleren TDI verfügbar.
Mit dem neuen Transporter ist das VW-Trio komplett. Bot VW seit dem Ur-Transporter 1950 stets auf Basis einer einzigen Plattform mit einer gemeinsamen Karosserie eine üppige Modellfamilie an, so heißt es nun aus eins mach drei: Multivan, ID. Buzz und Transporter haben außer einem ähnlichen Format nichts miteinander zu tun und sprechen unterschiedliche Zielgruppen an – breit grinsend (ID. Buzz), eher streng (Multivan) und nun lächelnd der neue Transporter.
Comments