top of page

Augen auf für den Combo

Aktualisiert: 25. Nov. 2019


Neue Opel-Ära bei Transportern und Lieferwagen.

Opel Combo

Optimistisch reckt er die Knubbelnase, freut sich sichtlich auf seine Aufgaben: Mit dem Modellwechsel des Combo läutet Opel eine neue Ära bei seinen Lieferwagen und Transportern ein. Alles auf An-fang, das ist das neue Motto für Opel unter dem Dach von PSA Peugeot/Citroen und speziell für die Transporter. Den Startschuss gibt der Combo Cargo aus der neuen Lieferwagen-Drillingsfamilie. Vorne ist er mit Blitz und Flügeln – oder sind es Schnurrhaare? – im Kussmund ganz klar ein Opel. Die Kehrseite dagegen stammt schlicht von der Vorgängerbaureihe, also Citroen Berlingo und Peugeot Partner. Macht nichts, knuffig und adrett sieht der Opel trotzdem aus.

Nur zu gern verkündet Opel, dass eine Pkw-Plattform die Basis des Combo Car-go bildet. Was Pkw-Käufer auf der Suche nach einem bequemen Pampersbomber und einer rollenden Einkaufstasche freut, erfüllt gewerbliche Käufer mit Misstrauen – fährt hier ein Weichling vor, zu schade für die Arbeit? Doch Vorsicht, leichte Korrektur: Der Vorderwagen stammt aus ei-nem neuen Regal für Pkw und SUV, das Hinterteil aber vom Vorgänger. Wie also steht es mit den Eigenschaften als Lastesel?

Der bullige Combo Cargo erreicht mit 1,92 Meter Breite bereits volles Transporter-Vollformat, liegt nur drei Zentimeter unterhalb des Vivaro – das schafft Platz, kann dann aber bei Einsätzen in der Stadt links und rechts eng werden. Ohne-hin sollte man den Opel nicht unterschät-zen: 4,4 Meter Länge in der Kurzversion, 4,75 Meter in der XL-Stretchausführung mit langem Radstand und gestrecktem Überhang, auch das sind fast Transport-ermaß. Im Laderaum bedeutet dies 3,3 und 3,9 Kubikmeter Volumen, da macht sich der lange Vorderwagen bemerkbar. Die Länge des Frachtabteils misst bis zur etwas roh verschraubten Blechtrennwand 1,78 und 2,13 Meter. Mehr Platz schafft auf der Beifahrerseite eine Durchreiche, wählt der Käufer einen Doppelsitz. Das bringt zusätzlich einen halben Kubikme-ter Raum neben der Beifahrertür und streckt vor allem die Ladelänge um mehr als einen Meter bis in den Fußraum hin-ein – nur her mit Leitern, Rohren, Tep-pichrollen.

Von den französischen Vorgängermodellen übernimmt der Combo Cargo auch den breiten Abstand zwischen den Rad-kästen. Sorgfältige Staplerfahrer zirkeln deshalb Europaletten quer ins Heck, das klappt nicht überall. Die Nutzlast beläuft sich je nach Ausführung bis zu einer knappen Tonne. Indes geht der Combo Cargo schon teilbeladen hinten in die Knie. Damit es ihm nicht zu viel wird, ha-ben sich die Entwickler eine sensorge-steuerte Überladungsanzeige im Heck einfallen lassen, das hat was. Eine LED-Beleuchtung gibt’s ebenfalls auf Wunsch. An den Flügeltüren hat die Ingenieure allerdings die Fantasie verlassen, dort stört die fummelige Entriegelung von 90 auf 180 Grad Öffnungsweite.

Wechsel nach vorne ins großzügige Pkw-Abteil, der Combo dehnt sich – viel Platz für lange Beine, für die Mütze, für die Schultern. Indes fällt der Fahrersitz etwas kurz aus und mit Seitenhalt ist es nicht weit her. Die Umgebung wirkt etwas trist, das Umfeld ist von Hartplastik geprägt. Ob Armaturentafel oder Seitenverkleidung, wer sich umschaut, der sieht schwarz. Und auch nicht sehr viel nach draußen: Die Außenspiegel sind klein, die A-Säulen laufen nach unten breit aus, die knubbelige Außenspiegelbefestigung mit integriertem Lautsprecher sowie das ansteigende Türblech hindern den Blick – da müssen Assistenzsysteme helfen. Ab-lagen dagegen gibt es reichlich, darunter auch praktische offene Fächer für Klein-kram wie Münzen oder Parkkarten. Angesichts der Bedienung fühlen sich Opel-Fahrer zuhause: übersichtliche Instrumente, Drehregler fürs Licht an der Armaturentafel, so hat man’s gern. Und mitten-drin ragt ein Bildschirm im Maximalformat von acht Zoll wie ein Tablet auf.

Anhand der Pkw-Ausführung Combo Life hat die Redaktion bereits erste Fahreindrücke gesammelt. Für alle Modelle gilt: Der Combo liegt jetzt französisch-komfortabel auf der Straße, der Vorgänger war dagegen italienisch-straff. Und die Motoren? Fangen wir mal klein an, mit dem Benziner – für Wenigfahrer eine finanziell günstige Alternative zum Diesel. Der Dreizylinder mit 1,2 Liter Hubraum und 81 kW (110 PS) schnurrt etwas unruhig vor sich hin. Das ist nicht weiter störend, zumal er im Stand so leise arbeitet, dass an der Ampel erst beim Blick auf den Drehzahlmesser deutlich wird, ob hier Start/Stopp arbeitet oder der Motor. Wer vorankommen will, muss den Fahrstil umstellen: Das Drehmoment ist mit 205 Nm eher zurückhaltend, also müssen Drehzahlen her. Dann sind die Fahrleistungen angemessen, die Leistungsentfaltung ist gleichmäßig. Der Benziner ist nicht gleich vom Start weg lieferbar, schade drum.

Also Umstieg in einen Diesel mit 75 kW (102 PS) aus 1,5 Liter Hubraum. Auch er geht mit seinen 250 Nm gleichmäßig zur Sache. Überschäumendes Temperament ist ebenfalls nicht seine Sache, ein eher braver, verhalten arbeitender Motor. Und dies unauffällig leise, laufruhig und vibrationsfrei in allen Drehzahlbereichen. Wer ihn wählt, der macht nichts falsch und ei-ne Menge richtig.

Will sich der Combo-Käufer etwas gönnen, ist er häufig mit hoher Zuladung, mit Anhänger oder auch auf längeren Strecken unterwegs, dann liegt er mit der Spitzenmotorisierung und 96 kW (130 PS) richtig. Es ist der gleiche 1,5-Liter, aber mit 300 Nm Drehmoment ungleich kräftiger und druckvoll. Auch er benötigt angesichts des knappen Hubraums zum Leistungsaufbau etwas Drehzahl, dann aber rennt er überaus kraftvoll los. Alle Diesel werden per SCR-Technik gereinigt, Einfüllöffnungen für Adblue (17 Liter) und Treibstoff (50 Liter) verbergen sich hinter einer gemeinsamen Klappe.

Je nach Motorisierung portionieren fünf oder sechs Gänge die Kraft des Combo. Die Schaltung zeigt französische Einflüsse, ist etwas knorpelig und wenig präzise, das betrifft vor allem die Fünfgangvariante. Einen Ausweg bildet das Achtgang-Automatikgetriebe in Verbindung mit der stärksten Maschine. Welch ein Luxus in einem kompakten Lieferwagen.

Das wird sich mancher Käufer auch angesichts der zahlreichen Assistenzsysteme sagen. Hier werden die Pkw-Gene des Combo deutlich, eilt er seinen Wettbewerbern weit davon. Der Frontkollisionswarner mit Notbremsassistent und Fußgängererkennung ist in der Stadt ein nützliches Ding. Gleiches gilt für den Flankenschutz mit einem Dutzend Sensoren rundum, ebenso für die permanente Rückfahrkamera mit 180-Grad-Winkel – sie arbeitet sogar bei Vorwärtsfahrt. An-stelle der zweiten Kamera im Beifahrerspiegel täte es dagegen auch ein gut konstruierter Außenspiegel mit Weitwinkelfeld. Der Parkassistent ist eher etwas für hilflose Pkw-Fahrer, denn Sensoren genügen. Der adaptive Geschwindigkeitsregler passt das Tempo auf Wunsch der Beschilderung an, ein Fall für Lang-strecken, bei Lieferwagen eher selten. Für derlei Touren passt dann auch der Spurhalte-Assistent mit Lenkeingriff. In diese Rubrik fügt sich zuletzt das optionale Head-up-Display ein, ein Plastikscheibchen mit den wichtigsten Infos.

Handfester erscheint das optionale Baustellenpaket. 30 Millimeter mehr Bodenfreiheit, Unterbodenschutz, M+S-Bereifung im Format 16 Zoll, Stabis vorne und hinten, andere Federn – wo ist der nächste Feldweg oder die Baugrube? Wer sehr viel Traktion benötigt, wartet auf den Allradumbau der französischen Spezialisten von Dangel. Alle anderen drehen am Traktionsregler namens Intelli-Grip in der Mittelkonsole mit fünf Grundeinstellungen. Die Technik variiert dann je nach Untergrund die Antriebsschlupfregelung.

Traktion ist generell das Thema des neu-en Combo Cargo, denn Opel will mit ihm in einem wachsenden Segment wieder Tritt fassen.


bottom of page